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Digital Nudging erfolgreich im digitalen B2B-Marketing nutzen

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Sport ist gesund. An dieser Tatsache gibt es keine Zweifel. Im Umkehrschluss müsste jeder erwachsene und gesunde Mensch, als vernunftbegabtes Wesen, regelmäßig Sport machen. Wie kann es also sein, dass laut einer Statista-Umfrage aus dem Jahr 2019 mehr als 8 Millionen Deutsche weniger als einmal im Monat sportlich aktiv waren? Antwort auf diesen Widerspruch geben Studien aus Psychologie und Verhaltensökonomie. Menschen handeln keinesfalls immer rational, viele Entscheidungen werden unbewusst und vor allem innerhalb eines bestimmten Kontextes getroffen. Wer sich also regelmäßig mit Freunden zum Sport verabredet, drückt sich aufgrund des sozialen Drucks vermutlich weit weniger häufiger vor der nächsten Joggingrunde. Wie sich diese Anreize oder auch Nudges für die gezielte Lenkung von Nutzern im digitalen B2B-Marketing umsetzen lassen, zeigt der folgende Gastbeitrag von Contentpepper.

Was ist Nudging?

Beim Nudging geht es darum, das Verhalten eines Menschen in einer vorhersehbaren Weise zu beeinflussen. “Ein Nudge muss zugleich leicht und ohne großen Aufwand zu umgehen sein. Er ist nur ein Anstoß, keine Anordnung.” So beschreiben Wirtschaftswissenschaftler Richard Thaler und Jurist Cass Sunstein in ihrem Buch “Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt”, die Möglichkeiten des Nudgings. Dieses wendet sich jedoch explizit gegen finanzielle Belohnungen als Anreiz oder andere Arten der Manipulation.

Welche Vorteile bieten Digitale Nudges?

Im Online-Marketing spricht man von “Digital Nudging”. Dieses soll das Entscheidungsverhalten der User:innen bei der Nutzung digitaler Kanäle wie zum Beispiel Websites, Apps oder Social-Media beeinflussen. Die Implementierung von digitalen Nudges auf einer Unternehmenswebsite, in einer App oder in einem Newsletter verursacht im Gegensatz zur Anwendung bei Printmaterialien wie Unternehmensbroschüren oder Produktflyern nur geringe Kosten. Und eine Voreinstellung für den Erhalt zusätzlicher Informationen bei der Anmeldung für einen Software-Testzugang können die User:innen ebenso schnell und einfach aktivieren wie deaktivieren. Ebenso verhält es sich bei der Einblendung der Teilnehmerzahl in der Anmeldemaske für ein Webinar (vgl. Social Proof weiter unten) durch eine:n Administrator:in. Gleichzeitig können beispielsweise optisch ansprechend gestaltete Benutzeroberflächen mit klaren Handlungsaufforderungen und konkreten Wordings, etwa in Form konkreter Call-to-Actions (CTAs), die User Experience verbessern und dadurch die Kundenzufriedenheit steigern.

 

Welche Formen des Digital Nudings eignen sich für das B2B-Marketing?

Im Folgenden findet sich eine exemplarische Auswahl digitaler Nudges samt Beispielen aus der Praxis:

1.) Smarte Voreinstellungen (engl. default)

Laut einer Studie des Psychiaters Ernst Pöppel treffen wir bis zu 20.000 Entscheidungen pro Tag – die Zeit, in der wir schlafen ausgenommen. Der Großteil dieser Entscheidungen läuft unbewusst und automatisiert ab und erleichtert unser Leben damit enorm. Diese Erleichterung kommt auch bei digitalen Interaktionen zum Tragen: Zum Beispiel, wenn wir Onlineformulare ausfüllen, bei denen bestimmte Felder bereits per Voreinstellung ausgewählt sind, wie es im folgenden Beispiel der Fall ist: In einem Formular zur Anmeldung für den Newsletter der Firma Wieland Electric sind die Themengebiete “Industrie + Automation” und “Gebäudeautomation + Installation” direkt ausgewählt. Mit nur einem Klick können User:innen die Voreinstellung verändern, ganz im Sinne von Thaler und Sunstein. Tun sie das nicht, profitieren sie von einem größeren Informationsangebot und das Unternehmen hat die Möglichkeit, seine komplette Produkt- und Servicepalette im Newsletter vorzustellen.

Screenshot des Anmeldeformulars für den Newsletter der Firma Wieland Electric mit standardmäßig vorausgewählten Interessensgebieten; Stand 11.2021.

 

2.) Sozialer Nachweis (engl. social proof)

Bereits Babys lernen durch Nachahmung, welches Verhalten in welcher Situation gewünscht ist und als akzeptabel gilt. Gleichzeitig wird die menschliche Wahrnehmung stark durch das Verhalten und die Wertvorstellungen anderer beeinflusst. Dieses Prinzip wirkt beispielsweise auf der Trefferseite von Google. Denn Nutzer vertrauen auf die Empfehlungen von anderen Personen. So rufen zum Beispiel Einkäufer vermutlich zuerst die Firmenwebsite mit der besten Google-Bewertung auf. Daher lohnt es sich für jedes B2B-Unternehmen, ein Google-My-Business-Profil zu erstellen beziehungsweise dieses kontinuierlich zu pflegen.

Screenshot Google-Treffer-Liste zum Suchbegriff “Schaltanlagenbau”; Stand 11.2021.

Zum Bereich Social Proof zählen darüber hinaus auch das Einblenden von Likes, Shares, die Anzahl der Follower oder Abonnenten oder die Angabe, wie viele User:innen einen (Blog-)Beitrag oder ein Video bereits gesehen haben. Im Fall der österreichischen Firma Rittal ist ein User auf dem firmeneigenen Youtube Channel auf einen Drahtkonfektioniervollautomaten aufmerksam geworden und erkundigt sich nach dem Preis. Er erhält dort direkt eine Antwort des Herstellers samt Links zum Onlineshop und zur entsprechenden Produktseite. Die schnelle Reaktion des Unternehmens auf eine Kundenanfrage dient, zusätzlich zur Anzahl der mehr als 5000 Video-Aufrufe und 17 Likes, als Social Proof für andere Interessent:innen – steht sie doch für eine schnelle Reaktionszeit des Kundenservices.

Screenshot Youtube-Video Vollautomatisierte Drahtkonfektionierung der Firma Rittal mit User-Kommentar und Antwort des Unternehmens; Stand 11.2021.

3.) Eingebundene (engl. embedded) Nudges

Der Klassiker unter den sogenannten eingebundenen Nudges sind sogenannte modale Fenster – auch als Pop-ups bekannt. Sie legen sich über den Ausgangsbildschirm und erfordern zwingend eine Handlung der User:innen. Im Bestfall meldet sich ein:e Nutzer:in sogar für einen Newsletter oder ein Webinar an. Wirklich gut gemachte Pop-ups weisen laut einer Studie des Unternehmens sumo eine durchschnittliche Conversion Rate von 9,28 % auf, während die durchschnittliche Konversionsrate für alle Pop-ups nur 3,09 % beträgt. Daher sollten eingebundene Nudges unbedingt im richtigen Kontext erscheinen: Ein Pop-up mit der Aufforderung, sich zu einem Webinar zum Thema Marketing-Automation anzumelden, sollte beispielsweise bei einem entsprechenden Artikel auf dem Firmenblog nicht direkt nach dem Öffnen eingeblendet werden. Der Lesende hat in diesem Augenblick noch gar keine Zeit, die Qualität der Inhalte und eventueller Mehrwerte zu prüfen. Daher sollte das Pop-up erst zeitversetzt erscheinen. Die passende Zeit für die Einblendung kann zum Beispiel durch A-/B-Tests ermittelt werden. Die Hälfte der Website-Besucher:innen sieht dann Pop-up A nach beispielsweise 30 Sekunden, während die andere Hälfte Pop-up B erst nach 60 Sekunden angezeigt bekommt. Die Variante mit der höheren Konversionsrate gewinnt und kommt fortan zum Einsatz.

Statt eines Pop-ups, das sich über die komplette Seite legt, lohnt es sich auch, am Ende eines Blogbeitrags durch ein kleines Dialogfenster auf ein thematisch passendes Whitepaper hinzuweisen.

4.) Verwendung des “Lockvogel-Effekts” bei Produktvergleichen

Der sogenannte Lockvogel-Effekt lässt sich im digitalen B2B-Marketing beispielsweise bei Software-Unternehmen beobachten. Um den Verkauf von Tool A zu fördern, wird es zusammen mit Tool B, C und D platziert. Diese erscheinen dann zum Beispiel aufgrund ihres beschränkten Funktionsumfangs oder Preises als weniger geeignet. Tool A gewinnt für potenzielle Käufer:innen dadurch an zusätzlicher Attraktivität. Dieser Effekt verstärkt sich, wenn Tool A zusätzlich durch Farbgebung oder Größe hervorsticht.

Screenshots: Optisch neutrale Tarifvergleichstabelle verschiedener Warenwirtschaftssysteme für den E-Commerce der JTL-Software-GmbH vs. Preistabelle der Textkorrektursoftware “Duden-Mentor” mit Hervorhebung des Monatsabos für 9,95 €; Stand 11.202

5.) Present Bias

Das deutsche Sprichwort: “Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach” beschreibt diese Form des (digitalen) Nudgings am besten. Bias lässt sich im deutschen mit “Befangenheit”, “Neigung” oder auch “Vorurteil” übersetzen. Die Mehrzahl der Menschen bevorzugt demnach sehr wahrscheinlich die sofortige Belohnung gegenüber einer späteren. Im B2C-Marketing spielt diese Thema eine wichtige Rolle beim Thema Finanzierung in Form der Variante “Jetzt kaufen, später bezahlen”. Im B2B-Bereich geht es in der Regel um längere und komplexere Entscheidungswege verschiedener Beteiligter und auch um sehr viel höhere Anschaffungskosten. Daher sollten die beiden Aspekte “direkt umsetzbare Vorteile” eines Produkts oder einer Dienstleistung und “einfache Anwendbarkeit” im Fokus des Marketings stehen, wie es bei der Bewerbung des item Engineeringtools der Firma item Industrietechnik der Fall ist: “Schnelle Ergebnisse” und “Einfach loslegen”.

Screenshot Produktvorteil item Engineeringtool mit Verweis auf einfache Anwendung und schnelles Erzielen von Resultaten, Stand 11.2021.

Fazit Digital Nudging: Kleiner Anstoß, große Wirkung

Nudges sind kein völlig neues Phänomen im Bereich des digitalen B2B-Marketings. Wer sich jedoch bewusst mit den oft irrationalen menschlichen Entscheidungswegen befasst, kann deren Komplexität zum Beispiel durch gezielte Eingriffe reduzieren. Dabei ist es wichtig, den Status Quo eines Nudges regelmäßig zu hinterfragen. Er sollte nicht als final betrachtet werden, sondern viel mehr als Entwurf, der sich durch gezielte Tests kontinuierlich verbessert und weiterentwickelt. Und wer denkt, er hätte dafür keine Zeit, lässt sich am besten regelmäßig beispielsweise von den Zuschauerzahlen der Konkurrenz oder deren LinkedIn-Follower anstoßen.

Event-Tipp:

Autorin: Anna-Maria Mark, Content Managerin bei Contentpepper.

Mit der Marketing-Software von Contentpepper bauen Marketer aus einzelnen Kanälen eine Digital Experience, die Kunden lieben werden. Verschiedene Tools für verschiedene Touchpoints? Das ist mit Contentpepper Vergangenheit: Contentpepper bietet aus einer Redaktionsfläche heraus die Funktionalitäten von drei klassischen Software-Lösungen: Web, Newsletter und Social Media. Die integrierte Künstliche Intelligenz generiert zudem automatisierte Themenvorschläge und optimiert Content.